Gewaltopfer Christoph Rickels berichtet im Rahmen der Gewaltprävention an der Realschule über sein Schicksal.
Eine Abwechslung zum Schulalltag gab es am 24. Und 25. April für die Siebtklässler der Realschule in Weil der Stadt. Im Rahmen der Förderung durch die Kinder- und Jugendstiftung Weil der Stadt und dem Projekt „Sicherer Landkreis“ konnte von der Schulsozialarbeit ein Präventionsprojekt gegen Gewalt und für mehr Miteinander an die Schulen geholt werden.
Christoph Rickels war Schulsprecher, Einser-Kandidat in Sport und Musiker. Er war früher einer dieser Machertypen, den im Umkreis von 60 km jeder kennt. Der heute 36-Jährige sitzt leicht gekrümmt vor den Siebtklässlern, als er seine Geschichte erzählt. Denn Christoph Rickels ist nicht mehr der Gleiche wie im Jahr 2007, als die Gewalt seinem Leben einen brutalen Schnitt bescherte. Seit er in einer Disco niedergeschlagen wurde, ist er für das ganze Leben gezeichnet. Gleichzeitig hat er seine Lebensaufgabe gefunden. Seit Jahren tourt der Ostfriese durch Schulen in Deutschland und im Ausland und versucht junge Menschen davon zu überzeugen, dass Gewalt immer der falsche Weg ist und hat zum Ziel das „Miteinander cool (zu) machen“.
Rickels wichtigste Botschaft bei der Veranstaltung zur Gewaltprävention an Schulen ist seine eigene Lebensgeschichte: 2007 hat er seinen erweiterten Realschulabschluss in der Tasche und will vom niedersächsischen Aurich bald in den Süden Deutschlands aufbrechen, um bei den Feldjägern der Bundeswehr eine Ausbildung zu beginnen.
„Ich habe ein bisschen Party gemacht und einem Mädchen einen Drink spendiert“, erzählt er. Dann
aber schlägt ihm der Freund des Mädchens im Vorraum der Disco auf die Schläfe, Rickels fällt mit dem Gesicht auf den Steinboden. Schädelbruch. Jochbeinbruch. Sechsfache Hirnblutung. Vier Monate Koma. Am schlimmsten ist die Einsamkeit als er wieder wach wird.
An mehrere Jahre seines Lebens kann er sich nicht mehr erinnern. Und sein Leben, wie es vorher war, ist vorbei. Der junge Mann ist halbseitig spastisch gelähmt, sein Sprachzentrum ist beschädigt. „Der hat mich kaputtgemacht. Und das nur, weil ich einem Mädchen einen Drink ausgegeben habe.“
Die Siebtklässler, die zuvor noch lärmend in die Aula geströmt waren, hören dem Mann vorne gebannt zu. Betroffen und schüchtern fragen sie am Ende des Projektes nach und gehen auch beim gemeinsamen Foto schüchtern, aber beindruckt durch seinen Mut und Lebenswillen, auf Rickels zu.
Den Schülern einen respektvollen Umgang zu vermitteln ist eine Aufgabe der Schulsozialarbeit an den Schulen. Doch durch Gespräche und Trainingseinheiten in der Klasse kann das Thema nicht so deutlich und drastisch rübergebracht/vermittelt werden wie von einem Menschen, der selbst so brutale Gewalt erfahren hat. Deshalb freuen sich die Schulsozialarbeiter*innen Gewaltprävention durch Christoph Rickels durch die Förderung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ erweitern zu können.